BGH: Anforderungen an eine Kindeswohlgefährdung
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB dann vorliegt, wenn eine gegenwärtige und in einem solchen Maß vorhandene Gefahr vorliegt, dass bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes wahrscheinlich zu erwarten ist. Dabei werden an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sein, je schwerer der drohende Schaden wiegt. Für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit müssen konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Nicht ausreichend ist nur eine abstrakte Gefährdung. Es ist stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu überprüfen in Hinblick auf das Verhältnis der Schwere des Eingriffs in die elterliche Sorge und den Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts beim Kind. Der Entzug der elterlichen Sorge sei nur dann verhältnismäßig, wenn ein Schaden mit ziemlicher Sicherheit oder erhöhter Wahrscheinlichkeit eintritt. Mit der Differenzierung der Wahrscheinlichkeitsgrade werden nierderschwellige Eingriffe des Staates ermöglicht, um im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Korrektur zur Verhinderung nicht gerechtfertigter Eingriffe zur Verfügung zu stellen.
BGH, Beschluss vom 06.02.2019, Az.: XII ZB 408/18, eingestellt am 01.05.2019