Auch der ausschlagende Erbe hat als Pflichtteilsberechtigter einen Auskunftsanspruch
In einem aktuellen Urteil hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, ob auch ein Erbe, der zum Kreis pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge gehört und die Erbschaft ausschlägt, einen Auskunftsanspruch gegen den Erben hat.

Abkömmlinge gehören grundsätzlich zum Kreis der gesetzlichen Erben und sind damit pflichtteilsberechtigt, wenn sie vom Erblasser durch Verfügungen von Todes wegen nicht zum Erbe berufen wurden, § 2303 Abs. 1, Satz 1 BGB.

Daneben kann ein Abkömmling, der als Erbe berufen wurde, die Erbschaft ausschlagen und dennoch seinen Pflichtteil geltend machen. Dies ist allerdings im Rahmen der engen Voraussetzung des § 2306 BGB möglich. Der ausschlagende Erbe muss durch Verfügung von Todes wegen mit der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, eines Nacherben, einer Teilungsanordnung, einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert sein. Ist dies der Fall und schlägt der Erbe aus, bleibt ihm sein Pflichtteilsanspruch erhalten.

Die Frage, die der Bundesgerichtshof in dem Urteil zu entscheiden hatte war, ob dem ausschlagenden Erbe im Rahmen des Pflichtteilsrechts Auskunftsansprüche zustehen. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass § 2314 BGB nicht differenziert, ob man von Anfang an nicht Erbe und damit Pflichtteilsberechtigter oder erst nach Ausschlagung der Erbschaft Pflichtteilsberechtigter geworden ist. Aus diesem Grund steht dem Pflichtteilsberechtigten dann auch das Auskunftsrecht nach § 2314 BGB zu. Dies ergibt sich daraus, dass der die Erbschaft ausschlagende Erbe materiell-rechtlich als von Anfang an nach § 1953, Abs. 1 BGB als Nichterbe anzusehen ist. Den pflichtteilsberechtigten Abkömmling, der zunächst Erbe war und dann die Erbschaft ausgeschlagen hat, trifft eine Verpflichtung trifft, sich innerhalb der Zeitspanne zwischen Todesfall und Ausschlagung über die wirtschaftlichen Aspekte der Erbschaft Gedanken zu machen. Eine Ausschlagung kann unterschiedliche Beweggründe haben, wirtschaftliche Aspekte sind nur einer davon.

Praxishinweis:
Nicht jeder Erbe, der zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört und testamentarisch zum Erben berufen ist, behält seinen Pflichtteilsanspruch, wenn er die Erbschaft ausschlägt.

Liegen keine Beschwerungen nach §2306 BGB vor und schlägt der Erbe die Erbschaft aus, dann ist er nicht durch Verfügung von Todes wegen, sondern durch eigene Handlung von der Erbfolge ausgeschlossen. Dadurch geht dann der Pflichtteilsanspruch verloren.
BGH, Az.: IV ZR 60/22, Urteil vom 30.11.2022, eingestellt am 15.09.2023