Nachlasspflegschaft und Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz
Wenn jemand in Deutschland verstirbt, ohne dass die Erben bekannt sind, dann wird für den Nachlass, der den unbekannten Erben zufällt, die Nachlasspflegschaft durch das Gericht angeordnet werden, § 1960 BGB. Gleiches gilt, wenn Ansprüche gegen den Nachlass gerichtlich erhoben werden und unbekannt ist, wer die Erben sind, § 1961 BGB.

Liegen Forderungen der Nachlassgläubiger gegen den Nachlass vor, findet die sogenannte Nachlassverwaltung statt. Die Haftung der Erben für Forderungen, die sich gegen den Nachlass richten und Nachlassverbindlichkeiten sind, ist dann auf den Nachlass beschränkt.

Stellt der Nachlasspfleger fest, dass der Nachlass überschuldet ist, so obliegt es ihm, die Nachlassinsolvenz zu beantragen. Zwar hat er grundsätzlich nur das Recht, diesen Antrag zu stellen und nicht die Pflicht, § 317 Abs. 1 InsO.

Das Landgericht Hamburg hat in einer Entscheidung jedoch einen Nachlasspfleger auf Schadensersatzzahlung verurteilt, da er trotz Überschuldung des Nachlasses dieser Pflicht nicht nachgekommen ist und den Antrag nicht gestellt hat. Diese Rechtsauffassung deckt sich mit der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, der bereits im Jahr 2005 geurteilt hat, dass die Antragstellung auf Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens geboten ist und damit auch den Nachlasspfleger trifft, um eine Schmälerung des Nachlasses abzuwenden. In einem solchen Fall wandelt sich das dem Nachlasspfleger zustehende Recht in eine Antragspflicht, BGH NJW 2005, 756 ff., so dass der Nachlasspfleger bei Vorliegen eines überschuldeten Nachlasses sofort die Nachlassinsolvenz beantragen sollte, um sich nicht Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sehen. Die Schadensersatzansprüche stehen in dem Fall den unbekannten Erben zu, die, wenn sie dann zu einem späteren Zeitpunkt bekannt sind, den Schadensersatzanspruch gegen den Nachlasspfleger richten können.
Landgericht Hamburg, Az.: 304 O 407/20, Urteil vom 20.09.2021, eingestellt am 01.09.2022