Wiedereinsetzung bei verloren gegangenem Fristverlängerungsantrag
In einer aktuellen Entscheidung hatte der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, wie mit einer Situation umzugehen ist, wenn der Anwalt im Rahmen einer Beschwerdefrist einen Fristverlängerungsantrag aufgrund von „Arbeitsüberlastung“ stellt und diesen nachweislich in den Briefkasten wirft. Dieser Brief ist jedoch im weiteren Verlauf nie beim Gericht eingetroffen. Der Anwalt konnte nachweisen, dass er sechs Tage vor Fristablauf ein Schreiben verfasst hatte, die Büroangestellte dieses Schreiben in ein Kuvert gesteckt hatte und in der Nähe der Kanzlei in den Briefkasten geworfen hatte. Dieses Schreiben ist dann auf dem Postweg verlorengegangen. Nachdem dem Anwalt mitgeteilt wurde, dass während der Frist kein Schreiben von seiner Seite beim Gericht eingegangen war, hatte er die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Dies wurde vom Landgericht abgewiesen, da der Anwalt nicht nachgewiesen hätte, wie die Fristnotierung nach Stellung von Verlängerungsanträgen in seiner Kanzlei gehandhabt wird.

Der BGH führte aus, dass im Rahmen seiner ständigen Rechtsprechung ein Anwalt, der eine Fristverlängerung aufgrund von Arbeitsüberlastung nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ZPO stellt, darauf vertrauen darf, dass dieser Fristverlängerungsantrag vom Gericht gewährt wird. Er muss nicht beim Gericht nachfragen, ob der Antrag eingegangen ist und ob dieser gewährt wurde. Man darf bei dem Transport mittels Deutscher Post davon ausgehen, dass Postsendungen, die an einem Tag in den Briefkasten eingeworfen werden, am nächsten, spätestens am übernächsten Tag, zugestellt werden. Aus diesem Grund kann ein Anwalt darauf vertrauen, dass wenn er sechs Tage vor Fristablauf einen Brief in die Post gibt, dieser rechtzeitig beim Empfänger eintrifft und im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der erste Antrag auf Fristverlängerung auch gewährt wird. Aus diesem Grund war dem Anwalt die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren und die innerhalb dieser Nachfrist eingereichte Berufungsschrift war zuzulassen.
BGH, Az.: VIII ZB 56/20, Beschluss vom 22.06.2021, eingestellt am 30.11.2021