Kindesunterhalt im Rahmen des Ausbildungsunterhalts
§ 1610 Abs. 2 BGB umfasst auch den Unterhaltsanspruch des Kindes für die Kosten einer angemessenen Ausbildung. Die Ausbildung hat sich nach den Begabungen und Fähigkeiten des Kindes zu richten, auch ist der Leistungswille des Kindes zu beachten und die einzelnen Neigungen des Kindes ebenso.

Die Eltern schulden im Rahmen des Unterhals die begabungsbezogene Ausbildung zu einem Beruf des Kindes. Hierbei sind die Neigungen und Wünsche des Kindes zu berücksichtigen. Es muss aber nicht jeder Neigung Rechnung getragen werden. Eine Neigung, die sich als flüchtig oder vorübergehend herausstellt oder die nicht mit den Anlagen und Fähigkeiten des unterhaltsfordernden Kindes oder den wirtschaftlichen Verhältnissen der jeweiligen Eltern zu vereinbaren ist, bedarf nicht der Förderung, BGH, Az.: IVb ZR 51/88, Urteil vom 07.06.1989.

Im Rahmen der Fragestellung, ob Kinder berechtigt von ihren Eltern Ausbildungsunterhalt fordern, sind also diese Kriterien heranzuziehen. Die Frage, die auch beim Ausbildungsunterhalt ist die, ob beispielsweise zwischenzeitlich abgebrochene Ausbildungen zu berücksichtigen sind oder ob damit die Ausbildungsunterhaltsberechtigung entfällt.

Vor dem Oberlandesgericht in Bremen ging es in einem Verfahren über Ausbildungsunterhalt um die Fragestellung, ob ein Kind, das zunächst die Realschule abgeschlossen hatte, dann die Fachoberschule abgebrochen hatte, um eine Lehre aufzunehmen und im Anschluss ein Freiwilliges soziales Jahr und danach zurück zur Fachoberschule gegangen ist, um dann im Anschluss das Architekturstudium aufzunehmen, einen Anspruch auf Unterhalt hat.

In der Entscheidung führt das Oberlandesgericht aus, dass ein Kind grundsätzlich nur den Anspruch auf eine Ausbildung hat. Ein Kind hat also grundsätzlich nicht den Anspruch auf mehrere Ausbildungen. Gibt es aber Hinweise darauf, dass eine Lehre dem Zwecks dient, um im Anschluss ein Studium aufzunehmen, dann ist dies ein regelmäßiger Umstand, der dem Ausbildungsunterhalt Rechnung trägt, so dass Ausbildungsunterhalt zu gewähren ist. Im vorliegenden Verfahren führte der Unterhaltsfordernde aus, dass er die Fachoberschule seinerzeit nur deshalb abgebrochen hatte, weil sich die Eltern in dem Jahr getrennt hatten, was zu Problemen im Rahmen der schulischen Leistungen geführt hatte. Die Lehre als Bauzeichner mit anschließendem Architekturstudium ist in engem zeitlichen Zusammenhang der Ausbildung zu sehen und entspricht den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes, das nicht nur die Lehre abschloss, sondern auch die Fachhochschulreife und das Architekturstudium im Rahmen des Bachelor-Abschlusses jeweils mit der Note „sehr gut“ beendete. Auch der Umstand, dass das Kind ein Freiwilliges Soziales Jahr noch zwischen Schulabschluss und Studium wahrgenommen hat, hat den engen zeitlichen Zusammenhang nach Überzeugung des Gerichts nicht beendet, da das Gericht in dem freiwilligen sozialen Jahr keine Unterbrechung des engen sachlichen Zusammenhangs gesehen hat.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 59/21, eingestellt am 31.10.2022