Zur Gültigkeitsdauer des Europäischen Nachlasszeugnisses
Vor dem Europäischen Gerichtshof ist im Rahmen einer Vorlageanfrage des Obergerichtshofes in Österreich die Frage vorgelegt worden, ob das Europäische Nachlasszeugnis, das im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EUErbVO), dass kein Datum der Befristung enthält, als unbefristet auszulegen ist. Die Europäische Erbrechtsverordnung sieht vor, dass das Europäische Nachlassverzeichnis lediglich eine Geltungsdauer von sechs Monaten hat. Dies führt beispielsweise bei erbrechtlichen Auseinandersetzungen in Deutschland dazu, dass vor Ablauf des Europäischen Nachlasszeugnisses ein neues Europäisches Nachlasszeugnis zu beantragen ist. Weiterhin wird angefragt, ob dieses so ausgestellte Nachlasszeugnis statt der unbegrenzten Gültigkeit dann auf eine Gültigkeitsdauer von sechs Monaten zu reduzieren ist, oder ob es generell als ungültig anzusehen ist.

Als weitere Vorlagefrage wurde die Frage durch den Obergerichtshof gestellt, wer letztendlich berechtigt ist, mit einem ausgestellten Nachlassverzeichnis als erbberechtigt ausweisen zu können. Die Frage geht dahin, ob sämtliche im Europäischen Nachlasszeugnis genannten Erben und auch ein Testamentsvollstrecker sich mit diesem Nachlasszeugnis ausweisen können, selbst wenn sie dies nicht beantragt haben, oder ob eine eigene Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses notwendig ist.

Die Entscheidung ist in vielerlei Hinsicht von Bedeutung, da sie auch zeigt, dass mit dem Europäischen Nachlassverzeichnis noch Fragen ungeklärt sind, die der Klärung des Europäischen Gerichtshofes bedürfen.
OGH, Az.: 8 Ob 40/19 V, Beschluss vom 27.05.2020, eingestellt am 01.05.2021