Zum Recht des Grundbuchamtes, einen Erbschein vorgelegt zu bekommen
Wird im Rahmen einer Erbschaft Immobiliarvermögen vererbt, so bedarf es der Berichtigung des Grundbuchs und der Eintragung der neuen Eigentümer, der Erben. Als Nachweis der Erbenstellung dient dem Grundbuchamt entweder der Erbschein, der durch das Nachlassgericht auf Antrag zu erteilen ist, oder es gibt die Möglichkeit des Nachweises durch ein notarielles Testament nebst Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts. Das notarielle Testament dient als öffentliche Urkunde und das Eröffnungsprotokoll als Nachweis der erfolgten Erbschaft.

Wird dem Grundbuchamt nur ein notarielles Testament nebst Eröffnungsprotokoll vorgelegt, so hat das Grundbuchamt eigenständige Nachforschungen anzustellen, ob die Erbfolge durch die notarielle Urkunde als nachgewiesen gilt oder nicht. Wirft das Testament Fragen bezüglich der Erbfolge auf, so kann das Grundbuchamt den vermeintlichen Erben bitten, einen Erbschein vorzulegen, bevor das Grundbuch geändert werden kann.

In einem aktuellen Verfahren vor dem OLG Naumburg legte ein vermeintlicher Erbe dem Grundbuchamt ein notarielles Testament seiner Mutter vor und beantragte die Umschreibung des Grundbuchs. In dem notariellen Testament wurde der Sohn zwar als Alleinerbe genannt, im Testament wurden aber weitere Gegenstände zwischen den Kindern der Verstorbenen aufgeteilt. Da die Wertangaben im Testament nicht vorhanden waren, bestand die Möglichkeit der Auslegung, ob es sich um Vermächtnisse zu Gunsten der anderen Kinder handelt, oder ob eine Erbenstellung aller Kinder in Betracht kommt.

Das Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände ist im Rahmen der Auslegung ein wesentliches Kriterium, ob eine Vermächtnisnehmerstellung aus dem Testament hervorgeht oder aber eine Erbenstellung. Der vermeintliche Erbe wollte gegenüber dem Grundbuchamt keine Wertstellung bekannt geben, so dass das Grundbuchamt nicht in der Lage war, aus dem notariellen Testament erkennen zu können, ob eine Alleinerbenstellung tatsächlich gegeben war. Aus diesem Grund lehnte das Grundbuchamt die Berichtigung des Grundbuchs ab.

In der Entscheidung gab das OLG Naumburg dem Grundbuchamt Recht und verlangte von dem Erben die Vorlage des Erbscheins, da nur im Erbscheinsverfahren geprüft werden kann, ob der Antragsteller tatsächlich Alleinerbe war oder ob durch die Verteilung der Nachlassgegenstände möglicherweise eine Miterbenstellung gegeben war.
OLG Naumburg, Az. XII Wx 31/19, Beschluss vom 27.08.2019, eingestellt am 15.04.2020