Zur Auslegung der Bezeichnung „die Kinder“ als Schlusserben im gemeinschaftlichen Testament
Einer Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eheleute lebten mit den Kindern der Ehefrau in einem gemeinschaftlichen Haushalt. Der Ehemann hatte noch eine Tochter aus einer vorherigen Beziehung. Von dieser Tochter hatte die Ehefrau jedoch keine Kenntnis. Im Jahr 2009 testierten die Eheleute gemeinschaftlich in Form des sogenannten „Berliner Testaments“, sie setzen sich als Alleinerben nach dem vorverstorbenen Ehegatten ein und mit der Bezeichnung „die Kinder" diese als Schlusserben. Im Jahr 2013 nahm die Tochter des Erblassers aus der vorherigen Beziehung Kontakt zum Vater auf, dieser wurde allerdings abgelehnt. Im Jahr 2013 verstarb der Ehemann. Die Ehefrau verstarb Ende 2019. Im Nachgang beantragte die Tochter, die im Haushalt mit den Erblassern gelebt hatte, einen auf sich lautenden Erbschein. Hiergegen wandte sich die Tochter, zu der kein Kontakt bestand. Sie trug vor, von der Bezeichnung „die Kinder“ im Testament mitumfasst zu sein.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte nun das Testament auszulegen, was mit der Bezeichnung „die Kinder" gemeint sei. Im Rahmen der erläuternden Testamentsauslegung ist es erforderlich, nicht nur den Wortlaut zu erfassen, sondern das, was die Erblasser damit ausdrücken wollten. Da zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung lediglich zwei Kinder im Haushalt der Eheleute wohnten und die Ehefrau von dem dritten Kind keine Kenntnis hatte, kommt das Oberlandesgericht Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass aufgrund mangelnder Bezeichnung meine Kinder, unsere Kinder oder deine Kinder mit der Bezeichnung „die Kinder“ nur die im Haushalt lebenden und beiden Ehegatten bekannten Kinder gemeint sein können, da die Ehefrau zur Zeit der Testamentserrichtung gerade keine Kenntnis von der anderen Tochter hatte. Auch nach dem Kontaktversuch der Tochter wurde das Testament der Eheleute nicht geändert, was dafür spricht, dass lediglich die zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Haushalt lebenden Kinder als Schlusserben gemeint sind.

Praxishinweis: Die vorstehende Entscheidung zeigt, wie wichtig die konkrete Bezeichnung der Schlusserbeneinsetzung auch in gemeinschaftlichen Testamenten ist. Je klarer die Testatoren ihre Schlusserben bestimmen, desto weniger bleibt Spielraum für eine Auslegung, die gegebenenfalls nicht dem Willen der Erblasser entspricht, da die Auslegung durch Gerichte vorgenommen werden.
OLG Düsseldorf, Aktenzeichen I-3 Wx 198/20, Beschluss vom 21.08.2020, eingestellt am 15.03.2021