Erneute Zeugenvernehmung
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO führt aus, dass im zivilrechtlichen Instanzenzug das Berufungsgericht als zweite Instanz grundsätzlich daran gebunden ist, welche Tatsachenfeststellungen im ersten Rechtszug, als der ersten Instanz, getroffen worden sind. Dies beinhaltet auch die Vernehmung von Zeugen. Allerdings gebieten Zweifel an der Vollständigkeit und auch an der Richtigkeit der Feststellungen, die entscheidungserheblich für die Beurteilung des Sachverhaltes sind, die Möglichkeit, eine Beweisaufnahme erneut als zwingend geboten durchzuführen. Dies beinhaltet auch die Vernehmung von Zeugen. Das Gericht hat grundsätzlich einen Ermessensspielraum, wie es die Tatsachenfeststellungen selbständig wertet. Wenn das Berufungsgericht zu dem Schluss kommt, dass ein Zeuge erneut verhört werden muss, da er nach Meinung des Berufungsgerichts eben nicht zu entscheidungserheblichen Tatsachen umfangreich oder nicht umfangreich genug ausgesagt hat, kann eine erneute Vernehmung des Zeugen auch in der Zeitinstanz erfolgen.

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt dieser genau zu dieser Fragestellung aus, so dass bei Zweifeln des Gerichts eine erneute Zeugenvernehmung zu erfolgen hat. Der BGH führt weiter aus, dass, wenn eine solche Zeugenvernehmung unterbleibt, dass dies dann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der durch die nicht erneute Vernehmung benachteiligten Partei mit sich bringt.

Aus diesem Grund ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs eine Zeugenvernehmung durchzuführen und die Vernehmung in der zweiten Instanz bezüglich der rechtserheblichen Tatsachen erneut zu würdigen.
BGH, Az.: XII ZR 21/20, Beschluss vom 27.01.2021 – eingestellt am 01.07.2021