Kindesanhörung in familienrechtlichen Verfahren
Die Kindesanhörung in jedem Kindschaftsverfahren ist eine Kindesanhörung von großer Bedeutung, da sie der Gewährung des rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung dient. Das Gericht soll sich durch die persönliche Anhörung des Kindes einen persönlichen Eindruck vom Kind verschaffen.

Seit dem 01.07.2021 gilt die neue Fassung des § 159 FamFG, wonach Kinder jeder Altersstufe persönlich anzuhören sind damit das Gericht sich einen persönlichen Eindruck verschaffen kann. Zuvor war gesetzlich geregelt, dass Kinder ab einem Mindestalter von drei Jahren persönlich anzuhören sind. Die Begrenzung dahingehend, dass Kinder erst ab drei Jahren anzuhören sind, gelten somit nicht mehr. Auch die frühere Altersgrenze für eine zwingend notwendige Anhörung von Kindern im Alter ab 14 Jahren hat der Gesetzgeber geändert und nun keine Altersgrenze mehr festgelegt. Kinder ab 14 Jahren haben in Kindschaftssachen eigene Verfahrensrechte und sind anzuhören. Diese Gesetzesänderung wurde damit begründet, dass das Kind nicht Objekt des Verfahrens ist, sondern ein Subjekt und dass Kinder in ihrem Entwicklungsstand bezüglich der Reife sowie der verbalen und nonverbalen Entwicklung sehr unterschiedlich sein können. Die Entscheidung darüber, ob von einer persönlichen Anhörung des Kindes abgesehen werden soll, erfolgt in Form einer Abwägung der Kindesinteressen mit der Pflicht zu Aufklärung des Sachverhalts, vgl. § 26 FamFG. Die Pflicht zur Anhörung ist umso stärker je bedeutsamer der Eingriff in die Rechtssphäre des Kindes ist. Von einer Anhörung ist nur dann abzusehen, wenn schwerwiegende Gründe gegen die Anhörung des Kindes sprechen.
Vgl. Sachenbacher, Ulrike: Die Kindesanhörung, das Kind als Subjekt und nicht als Objekt des Verfahrens. In: Forum Familienrecht 9/2022, S. 343 ff. Eingestellt am 15.09.2022