Zu den Anforderungen einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Rückführung des Kindes nach dem Haager Kindschaftsübereinkommen
In einer aktuellen Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht darüber zu entscheiden, welche Anforderung an den Antrag auf einstweilige Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht zu stellen sind, wenn der Antragsteller die Außervollzugssetzung einer gerichtlichen Entscheidung des Familienrechts beantragt. In dem vorliegenden Fall machte der Antragsteller geltend, dass die gerichtlich angeordnete Rückführung seiner Tochter in die Schweiz nicht berücksichtigt hätte, dass ein eventueller sexueller Missbrauch des Großvaters mütterlicherseits in Betracht kommt und das Kind in Deutschland integriert sei.

Das Bundesverfassungsgericht führt aus, dass ein Eilantrag, der dem Hauptsacheverfahren vorausgeht, zulässig und begründet sein muss. Zulässig und begründet ist er dann, wenn er substantiiert darlegt, dass die Voraussetzung, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben sind, vorliegen. Diese Voraussetzungen sind nicht mit dem Begründungsanforderungen einer Verfassungsbeschwerde identisch. Es muss aber dargelegt werden, dass das zugehörige Hauptsacheverfahren nicht unzulässig oder unbegründet sei. Hierfür ist erforderlich, dass die nachfolgende Verfassungsbeschwerde weder unzulässig noch unbegründet ist. Demnach muss dargelegt werden, dass Grundrechtsverletzungen vorliegen.

Die Vorlage der Grundrechtsverletzungen konnte dem Antrag auf einstweilige Anordnung nicht unmittelbar entnommen werden, vielmehr hatte das Bundesverfassungsgericht diese auszulegen. Das Bundesverfassungsgericht konnte allerdings nicht feststellen, dass die so ausgelegten und vorgetragenen Grundrechtsverletzungen vorlagen. Die Tatrichter der ersten und zweiten Instanz hatten sich ausführlich mit den Themenstellungen Kindesmissbrauch und sozialer Integration auseinandergesetzt. Aus diesem Grund lehnte das Bundesverfassungsgericht die einstweilige Anordnung ab.
Bundesverfassungsgericht, Az.: 1 BvQ 85/19, Beschluss vom 20.11.2019, eingestellt am 15.02.2020